Mundartdichter Albert Streich
Kanton Bern: Literaturpreis 1949 und 1957
Stadt Bern: Literarische Auszeichnungen 1946 und 1957
1897, also 100 Jahre nach Jeremias Gotthelf, kam in Brienz der bekannte Mundartdichter Albert Streich zur Welt. Auf dem Brienzer Quai wurde zu seinen Ehren 1969 – neun Jahre nach seinem Tod – ein vom Brienzer Künstler Arnold Huggler geschaffenes Denkmal eingeweiht; vor allem die Brienzer Frauen hatten sich dafür eingesetzt.
Albert Streich kam am 26. Mai 1897 in den damals noch üblichen bescheidenen Verhältnissen zur Welt. «Mit sechs Geschwistern ist Albert Streich in einem Doppelwohnhaus an der Birgisgasse in Brienz in dürftigen Verhältnissen aufgewachsen. Seine Mutter hatte mit dem kargen Taglohn ihres Mannes auszukommen, und die Sorge um das tägliche Brot überschattete die ganze Jugendzeit des Dichters.» Mit diesen Worten hat Alfred Ruef die Jugendzeit des «Hüters unserer Brienzermundart» nach dessen Tod am 7. Dezember 1960 beschrieben. Albert Streichs 1923 verstorbener Vater war wie viele Brienzer im ersten Viertel des Jahrhunderts im Taglohn als Waldarbeiter und Wildbachverbauer tätig.
Albert Streich
Mit bleichem Gesicht
Trotz dieser eher kargen Verhältnisse musste die Familie nie eigentlich Hunger leiden. Dass die harte Jugend sein späteres Wirken dennoch geprägt hat, ist wahrscheinlich. Jedenfalls erlangte Albert Streich nie jene Kraft und jenes gesunde Aussehen, wie es sich seine späteren Leser in der ganzen Schweiz vorstellten. «Als ich nach einiger Zeit dem Brienzer Dichter selber gegenüberstand, erschrak ich über sein Aussehen», erinnert sich 1961 Carl Seelig an seine erste Begegnung mit Streich. «Dieser kleine, hagere Mann mit dem bleichen, knochigen Gesicht entsprach so gar nicht dem Bild des stämmigen, von der Höhenluft braungebeizten Naturburschen, das wir uns von einem Mitbürger machten, der aus einer Berggegend stammt. Wieviel Entbehrungen und Enttäuschungen, wie viel Bitternis und Sehnsucht nach einem kleinen, bescheidenen Platz an der Sonne sprachen aus diesem Gesicht, dessen herber Mund nicht sagen wollte, was in seinem Inneren vorging!»
Enttäuschungen musste Albert Streich in seiner Jugendzeit tatsächlich hinnehmen. Gerne wäre er Lehrer geworden. Doch dieser Traum zerschlug sich schon bald, wobei gewisse Konflikte mit seinem Lehrer dazu beigetragen haben mögen. Hinzu kam, dass der Mundartdichter von früher Kindheit an körperlich eher schwach war. «Am meisten hat zu seinen Enttäuschungen der zermürbte Körper beigetragen, der ihm schon früh das Gefühl der Lebensuntüchtigkeit und der Saftlosigkeit einer Schattenpflanze einjagte», kommentierte Carl Seelig. Seine stets angeschlagene Gesundheit machte später auch das Schreiben immer wieder zu einer mühevollen Aufgabe, wobei «der gierige Zigarettenkonsum mitgeholfen hat, seine Gesundheit zu unterhöhlen».
Abgebrochene Ausbildungen
Nachdem er in Brienz die Primar- und Sekundarschule absolviert hatte, verdiente er seinen Lebensunterhalt in der Wildbachverbauung und als Gelegenheitsarbeiter. Mit 19 Jahren liess er sich zum Schriftsetzer ausbilden, arbeitete danach an verschiedenen Orten als Gehilfe, musste aber aus Gesundheitsrücksichten den Beruf aufgeben. Später war er als Hilfskondukteur der Brienz-Rothorn-Bahn, als Wald- und Strassenarbeiter tätig. In der Krisenzeit lernte er Bären schnitzen und betrieb mit einem Kollegen eine Uhrensteinbohrerei, die aber einging. 1924, nachdem er sich mit seiner Lebensgefährtin Rosa verheiratet hatte, wurde er von der Gemeinde als Hilfspolizist angestellt. 1940 übertrug man ihm schliesslich das Kriegswirtschaftsamt, ehe er anschliessend bis zu seinem Tode die Gemeindeausgleichskasse und die AHV-Zweigstelle führte und damit für sich und seine Familie, die in der Zwischenzeit auf vier Kinder angewachsen war, sorgen konnte. Dazu trug später auch der Umstand bei, dass die Gemeinde Brienz «dem Sänger der Brienzermundart noch zu Lebzeiten», wie Alfred Ruef dies rückblickend beschrieb, anfangs der fünfziger Jahre zu einem symbolischen Preis von einem Franken einen Baugrund von sechs Aren «verkaufte»; was dies für den Dichter bedeutete, ist aus dem nachfolgenden Gedicht herauszuspüren. Doch schon bald sollte die Krankheit Albert Streich zu schaffen machen. «Der neue ‹Tschuri› ist zwar angefangen. Aber ich muss immer viel liegen und diätkostieren, und da will es kein rechter Spass sein, die Freizeit mit Schreiben zu nützen», schrieb er bereits im Dezember 1957. Am 7. Dezember 1960 starb Albert Streich im Spital Interlaken. Eine tiefe Freundschaft verband ihn mit dem Kunstmaler Peter Flück aus Schwanden, der seinen aussergewöhnlichen Charakterkopf malte. Das Meisterwerk seines Freundes befindet sich auf der Gemeindeverwaltung Brienz. Es war wohl die grosse Heimatliebe, die den einen zum begnadeten Maler, den andern zum feinfühlenden Dichter werden liess.
Albert Streichs Mittnächtler - ein Remix von Luke Huggler
http://www.youtube.com/watch?v=07JIM80n2Zk
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