Geschichte
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Die Kunst des Holzschnitzens hat seit vielen Jahrhunderten Tradition in der Schweiz. Die ältesten datierten Holzschnitzereien gehen auf die Jahre 506 und 915 zurück. Viele gut erhaltene Arbeiten, meistens aus Eichenholz, stammen aus der Früh- und Spätgothik und zieren heute noch unsere Kathedralen, Münster und Kirchen. Als Zeugen der damaligen Stilart stellen sie meistens religiöse Motive dar und zieren zahlreiche Kirchenaltäre in unserem Land. Erwähnenswert ist das Chorgestühl der Kathedrale von Lausanne aus dem 13. Jahrhundert, das Supersaxohaus in Sitten mit der reich geschnitzten spätgotischen Holzdecke aus dem Jahr 1505 sowie die vielen besonders wertvollen Chorgestühle wie etwa jene im Basler Münster, der Klosterkirche Wettingen, dem Kloster St. Urban und der Kathedrale von Freiburg, die noch die Originale bewahrt hat. Viele Skulpturen und andere wertvolle Holzschnitzereien dagegen sind im Bildersturm der Reformation verloren gegangen.

Mit der Renaissance begann der bewegliche Hausrat zuzunehmen und die Räume wurden mit reich geschnitztem Täfer ausgestattet. Neben Möbel- und Bauschnitzereien wurden vermehrt auch Figuren und Skulpturen in Holz gehauen.

So erlebte die Holzbildhauerei in der Zeit des Barock und Rokoko ihre grösste Entfaltung und ist im ganzen alpenländischen Raum nachweisbar. Sie hat die verschiedenen internationalen Modeströmungen mitgestaltet und zeigt sich heute in den verschiedensten Facetten.

Die Holzbildhauerei – in kirchlichen und weltlichen Kulturzentren längst zum Kunsthandwerk gediehen – ist im Berner Oberland besonders verwurzelt. Hier hatte man von alters her Freude an geschnitzten Verzierungen an Häusern, in den Stuben und an Gebrauchsgegenständen. Sie wurden von Sennen und Hirten ausgeübt. Diese schnitzten in selbstverfertige Haus- und Sennereigeräte nicht nur Namen oder Bauernzeichen, sondern auch reiche Kerbschnitzereien. Die gewählten Motive waren traditionelle Ornamente in einer Mischung jeden Stils. Sie stellen erlebte eigene Beobachtungen aus ihrem bäuerlichen Leben und der Natur ihrer Umgebung dar. Es dauerte aber Jahrzente bis die Oberländer Bauern den Schritt vom Schnitzen für den Eigengebrauch und Zeitvertreib zum Schnitzen als Kunsthandwerk getan hatten.

Brienzer und Berner Oberländer Holzbildhauerei
Die Anfänge der gewerbsmässig betriebenen Brienzer- und Berner Oberländer Holzschnitzerei fallen ins 19. Jahrhundert. Als ihr eigentlicher Begründer gilt der Brienzer Christian Fischer (1790 – 1848), der in den Hungerjahren 1816/17 begann, seine gedrechselten Holzgegenstände wie Eierbecher, Pokale, Dosen und Kassetten mit Schnitzereien zu verzieren und an die Touristen zu verkaufen.

Der Handel mit Geschenk- und Souvenierartikeln entwickelte sich innerhalb einer Generation zu einem blühenden Erwerbszweig, der viele Familien einen dringend benötigten Zusatzverdienst oder sogar das Haupteinkommen einbrachte.

Bald ergänzte sich das Souvenierangeobt um Standardmodelle wie geschnitzte Jäger, Älpler, den Nationalhelden Willhelm Tell, die bekannten Schweizerhäuschen, Gämsen, Steinböcke, Adler und Bären in allen Posen und Grössen.

Geschnitzt wurde in der eigenen Werkstatt (“Bbudigg“), in Heimarbeit oder im Angestelltenverhältnis. Grosse und bekannte Handelsgeschäfte mit Filialen besorgten den Verkauf in alle Welt.

Neben der ornamentalen Fertigung von Gebrauchsgütern entstanden ab 1850 zunehmend auch anspruchsvolle Holzskulpturen mit Menschen-, Tier- und Pflanzenmotiven, die einen eigenständigen künstlerischen Anspruch verkörperten.

In der Blütephase der Brienzer Holzbildhauerei schufen die Hauptmeister dieses Gewerbes preisgekrönte Kunstwerke, deren technische Verarbeitung den einheimischen Werkstoff Holz bis an seine physischen Grenzen beanspruchte. Diese Arbeiten gehörten einer kunsthandwerklichen Produktion an, die neben den Arbeiten für die Tourismusindustrie entstanden. Neben den grossen Skulpturen schufen Brienzer Künstler auch repräsentative Möbel und Raumtäferungen. Zu ihrer anspruchsvollen Kundschaft gehörte der junge Bundesstaat (Bundeshaus Bern, Rathaus Bern).

Schnitzlerschule Brienz
Ein immer wiederkehrendes und kontrovers diskutiertes Thema war das Bemühen um Qualität, das durch die routinierte und billige Massenproduktion der Souvenierindustrie beständig in Frage gestellt wurde. Dieses Spannungsfeld bedrohte die Weiterentwicklung des Gewerbes, das auf begabte, innovative und geschäftstüchtige Handwerker und Künstler angewiesen war.

Kanton und Gemeinden förderten das Gewerbe durch die Einrichtung von Zeichnungs- und Modellierschulen in Brienz, Interlaken, Meiringen und an anderen Orten in der Region, die Wissen und Können des Handwerkernachwuchses fördern sollten.

Von zentraler Bedeutung war 1884 die Gründung der Schnitzlerschule, heute Schule für Holzbildhauerei Brienz genannt. Sie beschäftigte herausragende, weltoffene Meister. Als künstlerisches Zentrum vermittelte sie den künftigen Holzbildhauern nicht nur die handwerklichen und künstlerischen Grundlagen, sondern spielte eine bedeutende Rolle bei der Vermittlung und Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Tendenzen im Kunsthandwerk. Sie sorgten dafür, dass die internationalen Modeströmungen des Historismus, des Jugendstils, später des Art Déco, Expressionismus und Neoklassizismus hier ihren Niederschlag fanden. Die führenden Meister waren massgeblich an der Stilentwicklung des Schweizer Kunsthandwerkes beteiligt.

Wirtschaftliche Entwicklung
Die Brienzer und Berner Oberländer Holzbildhauerei war von Anfang an stark von den wirtschaftlichen Entwicklungen und Moden abhängig und erlebte entsprechend ihre Blüten und Krisen.

Der wirtschaftliche Einbruch anfangs des 20. Jahrhunderts, verbunden mit „der neuen Sachlichkeit im Bauen und Wohnen“ führten dazu, dass die Holzbildhauerei kaum mehr Absatz oder eine Anstellung fanden. Das Arbeitsgebiet der schmückenden Schnitzerei wurde durch diesen nüchternen Zeitgeist stark eingeengt. Hinzu kamen die beiden Kriege, die den Touristenstrom arg ins Stocken brachte. Trotz einer Konjunkturerholung in den Zwanzigerjahren musste das Holzbildhauergewerbe wegen Import von ausländischen Holzschnitzereien erneut mit Schwierigkeiten kämpfen. Hinzu kamen Exportbarrieren und die Einfuhrzölle des Auslandes für Holzwaren verdreifachten sich. Sie liessen den Export ins Ausland auf unter zehn Prozent des bisherigen Volumens sinken. Viele verdienstlose Holzbildhauer wandten sich vom Beruf ab. Als Gegenmassnahme führte die Schule für Holzbildhauerei Brienz Umschulungkurse und Aktionen für export- und konjunkturabhängige Schnitzereien durch. So wurde durch die Krise die Spezialisierung der Holzbildhauer auf Einzelgebieten gefördert und in eine neue Zeit überführt. In den Jahren nach 1974 darf von einer Renaissance des Holzbildhauerberufes gesprochen werden. Die Hinwendung zum Natürlichen gab dem Beruf und insbesondere den jungen Menschen Auftrieb. Die Schule für Holzbildhauerei Brienz verzeichnete Rekordanmeldungszahlen von Schülern.

Heute ist die Zahl der hauptberuflich tätigen Holzbildhauer stark zurückgegangen. Die Schule für Holzbildhauerei Brienz erfreut sich aber dennoch eines grossen Andrangs. Sie wird von Lernenden aus der ganzen Schweiz besucht. Vermehrt wird diese Ausbildung auch als Ergänzung zu einem bereits erlernten Beruf absolviert, um damit ein breiteres berufliches Können wie beispielsweise Restaurierungsarbeiten anzubieten.

Internationales Holzbildhauer Symposium
Das Internationale Holzbildhauer Symposium Brienz wird bereits seit den 80er Jahren durchgeführt. Seit 2012 hat der Verein KUNA (Organisatoren der Kunstnacht Brienz) die Leitung des Symposiums, in Zusammenarbeit mit Brienz Tourismus übernommen.